Auszüge aus der Rede des französischen Staatspräsidenten zum Thema Kampf gegen Separatismus [fr]

2. Oktober 2020
Es gilt das gesprochene Wort.

Das Problem ist nicht der Laizismus. Der Laizismus ist die Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, die Möglichkeit, seine Religion auszuüben, sofern dabei die öffentliche Ordnung gewährleistet ist. Der Laizismus ist die Neutralität des Staates und keinesfalls die Auslöschung der Religionen im öffentlichen Raum. Der Laizismus ist der Zement des vereinten Frankreichs.

Daher muss der Laizismus entschieden und gerecht durchgesetzt werden, ohne dabei in die von Polemikern und Randgruppen gestellte Falle der Pauschalisierung zu tappen, die darin besteht, alle Muslimen zu stigmatisieren.

Das Problem ist der islamistische Separatismus. Dieses bewusste, theoretisch untermauerte, politisch-religiöse Vorhaben, das durch wiederholte Diskrepanzen zu den Werten der Republik Gestalt annimmt, oft zur Herausbildung einer Gegengesellschaft führt und sich in Schulabbrüchen von Kindern und der Entwicklung sportlicher, kultureller und kommunitarisierter Praktiken äußert, die als Vorwand für das Lehren von Prinzipien dienen, welche nicht den Gesetzen der Republik entsprechen. Das ist Indoktrinierung und, mittels dieser, eine Negierung unserer Prinzipien wie der Gleichstellung von Frau und Mann und der Menschenwürde. Das Problem ist diese Ideologie, die behauptet, dass ihre eigenen Gesetze über denen der Republik stehen. Ich verlange von keinem unserer Bürger, zu glauben oder nicht zu glauben, ein wenig oder moderat zu glauben – das ist nicht Sache der Republik. Doch ich verlange von jedem Bürger, egal welcher Religion er angehört oder nicht, ausnahmslos alle Gesetze der Republik zu achten.

Die Taten sind vorhanden, seit dem ersten Tag, und sie sagen mehr aus als Worte. Ende 2017 wurden in 15 Stadtvierteln Pläne zur Bekämpfung der Radikalisierung unter Einbeziehung aller staatlichen Stellen in die Wege geleitet. Dort sind unsere Beamten vor Ort und erzielen Ergebnisse: 212 Ausschankstellen, 15 Kultstätten, 4 Schulen und 13 Vereinshäuser und Kultureinrichtungen wurden geschlossen, hunderte Kontrollen vorgenommen und mehrere Millionen Euro beschlagnahmt.

Wir haben beschlossen, noch weiter zu gehen und stärker durchzugreifen. Für jedes am Einsatzort festgestellte Problem eine konkrete Lösung herbeizuführen. Ein Gesetzentwurf zur Stärkung des Laizismus und zur Festigung der republikanischen Prinzipien wird am 9. Dezember im Ministerrat vorgestellt.

Manche Gemeinden haben geplant, konfessionsorientierte Speisepläne in der Kantine vorzuschreiben, und andere verweigern Männern zu bestimmten Uhrzeiten den Zugang zu Schwimmbädern.

➜ Was den Prinzipien des Laizismus und der Gleichheit zuwiderläuft wird verboten.

In öffentlichen Dienstleistungsbetrieben, die von Unternehmen ausgeübt werden, etwa der öffentliche Personennahverkehr, häufen sich Auswüchse wie die Weigerung, einer Frau die Hand zu schütteln, oder das Tragen des Kopftuchs bei Frauen, die Kontakt zur Öffentlichkeit haben.

➜ Das Neutralitätsgebot für öffentliche Bedienstete wird auf Beschäftigte von beliehenen Unternehmen ausgeweitet.

Doch verbieten allein genügt nicht. Es muss an der Wurzel angesetzt werden. Dem stolz hervorgetragenen politischen Islamismus müssen wir einen entschiedenen republikanischen Patriotismus entgegensetzen.

Wir müssen in Vereinigungen agieren, die die Nation einen und nicht spalten sollen.

➜ Die Auflösungsgründe werden im Ministerrat auf Verstöße gegen die Menschenwürde und physische oder psychische Drohungen ausgeweitet.

➜ Jeder Antrag auf Bezuschussung wird an die Bedingung geknüpft, eine Übereinkunft zur Achtung der Werte der Republik zu unterschreiben. Wer sich nicht an diese hält, muss die Zuschüsse zurückzahlen.

Es gibt Handlungsbedarf in der Schule, die wieder ein republikanischer Schmelztiegel werden muss. 50.000 Kinder werden zu Hause unterrichtet. Jeden Tag entdecken Rektoren Kinder, die sich komplett außerhalb des Systems bewegen. Jede Woche schließen Präfekten illegale Schulen, die oft von religiösen Extremisten geleitet werden.

➜ Gegen diese Auswüchse, die tausende von Kindern von der Erziehung zu Staatsbürgern, dem Zugang zu Kultur, unserer Geschichte, unseren Werten und der Erfahrung von Unterschiedlichkeit ausschließen, die das Herzstück der republikanischen Schule ist, habe ich einen Beschluss gefasst: Ab dem Schuljahresbeginn 2021 wird der schulische Unterricht für alle Kinder ab drei Jahren verpflichtend. Der Hausunterricht wird strikt auf gesundheitliche Erfordernisse beschränkt.

➜ Weil die Schule zuallererst die Werte der Republik vermitteln soll und nicht die einer Religion, werden wir die ELCO, Enseignements Langues et Cultures d’Origine („Kurse in Herkunftssprache und –kultur“), abschaffen.

Die Republik wird sich mittels der Schule gegen all jene wehren, die sie stürzen wollen!

Ich habe Vertrauen in die Franzosen muslimischen Glaubens und in ihre Fähigkeit, sich zu mobilisieren, um zu diesem republikanischen Kampf gegen den islamistischen Separatismus beizutragen, sowie in ihre Bereitschaft, sich zu organisieren, um einen aufgeklärten Islam zu errichten. Natürlich ist es nicht die Aufgabe des Staates, den Islam zu strukturieren, aber wir müssen es ermöglichen und den Prozess begleiten, und daher habe ich viele Gespräche mit den Vertretern des Islams in unserem Land geführt. Wir teilen gemeinsame Erkenntnisse und Vorschläge:

➜ die Notwendigkeit, den Islam in Frankreich von ausländischen Einflüssen zu befreien. Dem System der entsandten Imame wird ein Ende gesetzt.

➜ den Willen, die Träger von Moscheen vor feindlichen Übernahmen durch Extremisten zu schützen. Dafür werden Anti-Putsch-Vorkehrungen getroffen.

➜ das Ziel, in Frankreich eine Generation von Imamen und Intellektuellen auszubilden und zu fördern, die für einen Islam eintreten, der mit den Werten der Republik voll und ganz vereinbar ist.

Wir müssen auch die Liebe zu Republik fördern, indem wir zeigen, dass sie es jedem ermöglichen kann, sich sein Leben aufzubauen. Wir setzen uns dafür ein, die Republik wieder Teil der Lebensrealität werden zu lassen, indem wir überall ein republikanisches Bildungs-, Kultur- und Sportangebot von hoher Qualität schaffen.

➜ Die Halbierung der Klassenstärken für 300.000 Schülerinnen und Schüler, die Vergabe von 80 „Cité éducative“-Labeln, die Labelisierung von 530 „France Services“-Häusern; im Kultursektor die Ausweitung der Öffnungszeiten von Bibliotheken in mehr als 600 Gemeinden, die Schaffung von rund einhundert „Micro-Folies“ als kulturellen Begegnungsstätten: Seit drei Jahren werden überall zahlreiche Initiativen umgesetzt.

➜ Diese werden wir weiter verstärken: Die Halbierung der Klassenstärken wird derzeit auf die Schülerinnen und Schüler der letzten Vorschulklassen („grande section“) ausgeweitet, 40 zusätzliche „Cités éducatives“ werden entstehen, weitere 300 „France Services“-Häuser werden in den kommenden Wochen eröffnen. Unsere Vision: die Republik dahin bringen, wo die Menschen wohnen.

Die Liebe zur Republik fördern bedeutet, das ihr innewohnende Emanzipationsversprechen zu halten. Ich habe damit begonnen, Lösungsstrategien für mehr Chancengleichheit und für den Kampf gegen Diskriminierung zu erarbeiten, um dafür zu sorgen, dass jede und jeder, unabhängig von Hautfarbe, Herkunft und Religion, ihren oder seinen Platz finden kann.

Im Laufe des Herbstes werde ich neue Beschlüsse präsentieren, die in jedem Departement von den Präfekten ausgestaltet werden und ein Ziel verfolgen: die Republik in Taten.

Französinnen, Franzosen, lasst uns alle gemeinsam für dieses republikanische Erwachen einstehen.

Letzte Änderung 04/11/2020

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