Redebeitrag des französischen Staatspräsidenten bei der Act-A-Tagung des Pariser Friedensforums [fr]
Redebeitrag des französischen Staatspräsidenten bei der Act-A-Tagung des Pariser Friedensforums (12. November 2020)
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation,
sehr geehrte Frau Präsidentin der Europäischen Kommission,
sehr geehrte Frau Premierministerin [von Norwegen],
liebe Melinda Gates,
liebe Freunde,
die Covid-19-Pandemie hat bereits mehr als eine Million Menschen das Leben gekostet und sowohl unser Leben als auch unsere Wirtschaft erheblich beeinträchtigt. Sie stellt eine gewaltige Umwälzung dar, die überall Ungleichheiten verschärft. Eine Umwälzung, die auch zahlreiche neue Unausgewogenheiten mit sich bringt, wenn wir nicht gemeinsam handeln.
Einmal mehr sind die Pflegekräfte in all unseren Ländern besonders gefordert. Ihre Hingabe ist bemerkenswert, und ich möchte ihnen erneut meine allergrößte Dankbarkeit aussprechen.
Jede Regierung ist dafür verantwortlich, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Bevölkerung zu schützen und die Ausbreitung des Virus in ihrem Land zu stoppen, natürlich mit dem Ziel, es endgültig auszurotten.
Doch angesichts dieser globalen Herausforderung haben wir auch gemeinsam die Verantwortung, zusammenzuarbeiten und weltweit Solidarität zu zeigen. Das ist die beste Strategie gegen dieses Virus, das keine Grenzen kennt: unsere kollektive Effizienz als Waffe.
Bestärkt durch diese Überzeugungen haben wir vor etwas mehr als sechs Monaten, als wir uns der ersten Welle der Pandemie gegenübersahen, die Entscheidung getroffen, unsere Kräfte zu bündeln. Wir wussten, dass nur eine abgestimmte und starke Reaktion der gesamten internationalen Gemeinschaft dieser Herausforderung gerecht werden könnte.
Gemeinsam haben wir die Kampagne ACT-A auf den Weg gebracht, die Teil eines Konzepts für ein „globales öffentliches Gut“ werden und somit allen Zugang zu den Instrumenten im Kampf gegen diese Pandemie ermöglichen soll.
Die seither erzielten Ergebnisse sind beeindruckend: Erste Schnelltests und Behandlungsmethoden sind inzwischen in allen Ländern verfügbar, ob reich oder arm. Ich denke dabei auch an die COVAX-Fazilität, die es ermöglichen soll, zwei Milliarden Dosen Impfstoff zu verteilen, davon die Hälfte an die Entwicklungsländer.
Der Kampf fängt jedoch gerade erst an, und wir müssen uns noch stärker mobilisieren. Deshalb ist das heutige Treffen so wichtig.
1/ Zunächst einmal müssen wir die finanziellen Mittel aufbringen, das heißt gemeinsam die zur Bewältigung dieser Herausforderung unbedingt erforderlichen Gelder bereitstellen.
Zusätzlich zu unseren bilateralen Bemühungen und unserer Unterstützung von Unitaid im Bereich Therapien, freue ich mich, heute zu bestätigen, dass Frankreich sich in Höhe von 100 Mio. € an COVAX beteiligen wird, sobald ein Impfstoff verfügbar ist. Dies ist von wesentlicher Bedeutung, damit die Entwicklungsländer ebenfalls schnell von Impfstoffen profitieren. Frankreich hat sich auch dazu verpflichtet, die WHO, einzige globale Organisation im Gesundheitsbereich, mit weiteren 50 Mio. € zu unterstützen. Ihre Rolle ist bei der Stärkung der Kapazitäten des öffentlichen Gesundheitswesens von entscheidender Bedeutung. Dabei handelt es sich natürlich um eine wesentliche Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Verteilung der Gesundheitsprodukte gegen Covid-19.
Doch die öffentlichen Mittel werden nicht ausreichen. Wir müssen neue Finanzierungsquellen erschließen und an die Solidarität jedes Einzelnen appellieren. Dem Privatsektor und den reichsten Personen der Welt bietet sich diesbezüglich die historische Chance, diesem Appell zu folgen und zu der globalen Antwort auf die Krise beizutragen.
2/ Zweitens müssen wir auch nach einem neuen Weg mit innovativen Finanzierungsinstrumenten suchen. Frankreich hatte in diesem Bereich seit Beginn der 2000er Jahre eine Vorreiterrolle inne. Wir müssen alle gemeinsam internationale Überlegungen zu diesem Thema wieder in Gang bringen, um die Finanzierungsinstrumente bereitzustellen, mit denen sich die noch fehlenden Milliarden Euro beschaffen lassen.
3/ Doch mit Geld können nicht alle Herausforderungen geregelt werden, vor die die Pandemie uns stellt. Wir müssen uns auch politisch engagieren, für eine beispielhafte Solidarität, wenn es darum geht, Lösungen mit der Welt zu teilen. Wir dürfen nicht den Fehler aus dem Kampf gegen Aids wiederholen, als für zu lange Zeit die Wirkstoffe im Norden und die Patienten im Süden waren. Sobald sie entwickelt sind, müssen die Gesundheitsprodukte schnell für all jene verfügbar sein, die sie überall auf der Welt benötigen. Ich betone nochmals, dass dies nicht einfach nur ein Erfordernis der Gerechtigkeit und der Moral ist, sondern auch und zuallererst eine Frage der kollektiven Effizienz. Denn solange einem Teil der Menschheit, so gering er auch sein mag, noch nicht geholfen ist, bleibt die ganze Welt bedroht.
Daher wünschen wir uns, dass jeder sich dazu verpflichtet, gemeinsame Prinzipien der Transparenz und der Gerechtigkeit zu befolgen. Wir müssen sicherstellen, dass die regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen alle auf einen größt- und schnellstmöglichen Zugang zu diesen Produkten ausgerichtet sind und gleichzeitig die internationalen Qualitätsstandards beachtet werden.
Frankreich schlägt deshalb vor, dass zeitnah eine ACT-A-Charta verabschiedet wird, die diese wichtigsten Prinzipien erneut bekräftigt: Wissen teilen, die Gesundheitssysteme unterstützen, die Produkte schnell verfügbar und bezahlbar machen, eine Zweckbindung für öffentliche Forschungsmittel einführen und die Zuteilung der Produkte koordinieren.
Frankreich hat ein entsprechendes Vorhaben vorgestellt, und wir ersuchen jeden Einzelnen, sich aktiv mit dieser Frage der Prinzipien auseinanderzusetzen, die unser gemeinsames Handeln im Kampf gegen die Pandemie leiten sollen.
4/ Die forschenden Pharmaunternehmen haben natürlich ebenfalls die Verantwortung, zu einem gerechten Zugang beizutragen. Einige arbeiten bereits darauf hin, und darüber freue ich mich. Es müssen mehr Produktionspartnerschaften geschlossen werden, um in den Entwicklungsländern und auch für sie zu produzieren.
5/ Schließlich wünsche ich mir, dass Frankreich mit seinen europäischen Partnern direkt zu den multilateralen Bemühungen beitragen kann, indem wir einen Teil unserer Impfdosen für die Impfung der Pflegekräfte in den ärmsten Ländern zur Verfügung stellen. Dieser zusätzliche Sachbeitrag würde unsere finanzielle und politische Unterstützung zugunsten von ACT-A ergänzen und es ermöglichen, die ersten Impfdosen, sobald sie verfügbar sind, innerhalb desselben Zeitraums in den wirtschaftlich schwächeren Ländern an all jene zu liefern, die sie am dringendsten benötigen.
Wir müssen mehr denn je solidarisch bleiben, um Covid-19 zu bezwingen und auch die Welt nach Covid-19 gerechter, ausgeglichener und zukunftsfähiger zu machen.
Ich danke Ihnen.
Quelle: Elysee.fr